Die Mescheder Himmelsstürmer, Lydia, Johannes, Peter und ich, waren wieder mit dem Energieballon unterwegs. Diesmal, also am 20. Juni, sollte die Reise nach Kiel beginnen. Die Kombination aus Ballonsport und Wassersport weckte schon bei der Vorplanung für 2025 bei den Teammitgliedern, die zum Teil im Besitz von Führerscheinen für Wasserfahrzeuge sind, großes Interesse. Für mich als Ballonpilot war die Überquerung der Kieler Förde ein reizvoller Gedanke.
Tatsächlich haben wir uns bereits im März dieses Jahres um eine Ferienwohnung für fünf Nächte bemüht. Bei ersten Gesprächen mit Vermietern mussten wir dann feststellen, dass in Anbetracht der hohen Besucherzahl zur Sail (3.000.000.000 Personen) die Übernachtungsmöglichkeiten sehr rar sein würden und wir besser schon weit früher mit der Suche hätten beginnen sollen. Glücklicherweise haben wir eine schöne Wohnung mit 6 Schlafplätzen gefunden und die Fahrzeit zum Start- und Veranstaltungsgelände sollte laut Navi ca. 20 Minuten sein. Somit waren die Vorbereitungen getroffen.
Jedoch nach Bezahlung der Unterkunft mussten zwei Teammitglieder aus privaten Gründen ihre Teilnahme absagen. Die Handlungsfähigkeit, den Ballon zu viert zu betreiben, war zwar gegeben - aber die Kosten für die große Wohnung müssten durch nur noch vier Personen geteilt werden. An dieser Stelle hat Johannes die Initiative ergriffen und zwei mit ihm befreundete Segler aus Berlin angesprochen. Tatsächlich hatten Michael und Olaf vor, zur Sail zu kommen, aber noch keine Bleibe in Kiel. Die Entscheidung, mit bei uns zu wohnen, war schnell getroffen.
Mit dem Gedanken auf eine besondere und spannende Wohngemeinschaft sind wir morgens um 6 Uhr in Meschede losgefahren, um mit ausreichend Zeitreserve in Kiel anzukommen. Denn die Wettervorhersage prognostizierte bereits für den ersten Abend gute Bedingungen für eine Ballonfahrt. Da die Autofahrt problemlos ohne Verkehrsstörungen verlief, habe ich noch eine Einladung von Frank Zinkler angenommen und den Ballon-Instandhaltungsbetrieb "GEO die Luftwerker" in Lübeck besucht.
Schon bei der Annäherung zu Kiel war durch die Verkehrsdichte und die unterschiedlichsten Autokennzeichen zu erahnen, was in den nächsten Tagen in Kiel los sein sollte. Das Check-in für Team und Ballon verlief angenehm und die erste Begutachtung des Nordmark Sportfeldes, auch Norder genannt, vermittelte mir gleich den Eindruck, dass es beim Aufrüsten und Starten keinen Stress geben würde. Nur noch kurz die Koffer in der Wohnung abstellen und zurück zum Norder. Die Berliner waren noch nicht da, aber würden es bis 18 Uhr schaffen.
Das erste Briefing für die Piloten (die Crew durfte auch daran teilnehmen), wurde auf das Wesentliche reduziert. Lediglich bei dem Wetterbriefing durch den Meteorologen Michael Noll hätte ich mir eine visuelle Darstellung gewünscht. Naja, aber durch die technischen Möglichkeiten, sich mit den Wetterbedingungen zu befassen, wussten die anwesenden Piloten, was auf sie zukommt. Kurz darauf haben wir uns schon einen geeigneten Startplatz ausgesucht und das Equipment ausgepackt.
Für die Zuschauer gab es keine Absperrung und jeder konnte zu den Ballonen gehen und sich alles genau anschauen. Tatsächlich mussten meine Crew und ich auch manchmal auf das Gefahrenpotenzial aufmerksam machen. Der erste Start mit entsprechender Moderation entlockte mir mal wieder den Gedanken Schausteller zu sein. Zufällig war auch noch der Ballon des Zirkus Roncalli in der Nähe. Es waren etwa 35 Ballone am Start und die Fahrt ging mit Westwind über die Großstadt Kiel.
Selbst in 1050 ft Sicherheitsmindesthöhe war die Feierstimmung in der Stadt nicht zu überhören. Von allen Seiten - besonders von unten - Musik. Auch die Meile, mit abenteuerlichen Fahrgeschäften, an der Spitze der Kieler Förde war brechend voll. Nach ca. 10 Minuten Fahrt hatten wir das Ufer der Förde erreicht und fuhren ca. 2 km über Wasser. Das Wende- und Anlegemanöver eines AIDA-Kreuzfahrtschiffes, aus unserer Perspektive, ist ein unvergessliches Erlebnis. Mit der weiteren Fahrtrichtung von etwa 100° war ausreichend Landegelände in Sicht und mit den kleinen Tücken der Seewindzirkulation haben wir eine gute Landewiese gefunden.
Nach viel zu kurzer Nachtruhe waren wir um 4.30 Uhr wieder auf dem Norder. Bei den Wetterbedingungen wollten wir die Frühfahrt auf keinen Fall ausfallen lassen. Die Temperatur mit dem flachen Bodennebel ließ uns den Ballon in rekordverdächtiger Zeit vorbereiten und mit den ersten Sonnenstrahlen waren wir wieder in der Luft. Ähnlich wie kurz zuvor ging es wieder über Kiel (allerdings ohne Musik). Die schnellere Fahrt über die Förde in etwas größerer Höhe, war weniger spektakulär als den Abend zuvor. Jedoch die tiefe Fahrt zur Landplatzsuche vermittelte uns einen entschleunigenden Eindruck in die ländlichen Vororte von Kiel. Nach fast zweieinhalb Stunden haben wir eine abgemähte Wiese zur Landung gefunden.
Als wir den Ballon verpackt hatten, haben wir uns erstmal auf ein ordentliches Frühstück gefreut. Allerdings am Norder angekommen, mussten die Gasflaschen erst wieder gefüllt werden. Am frühen Nachmittag mussten unsere Reserven durch eine kleine Siesta wieder aufgefüllt werden. Nach dem Motto, "The same procedure as every day", waren wir wieder beim Briefing für die Abendfahrt. Der Wind führte uns wieder über Kiel und die Förde. Eine Fähre mit Hubschrauberlandeplatz inspirierte mich dazu, mal etwas tiefer zu fahren, aber die Vernunft hat doch gesiegt. Da wir bei diesem Start recht früh dabei waren, hatten wir freie Landplatzauswahl und konnten den Ballon mit vielen helfenden Händen verpacken.
Da an den nächsten drei Tage kein ballontaugliches Wetter zu erkennen war, haben wir uns einige Sehenswürdigkeiten in der Gegend angeschaut und die Abende in unserer WG gesellig verbracht. Die Rückfahrt verlief bei guten Verkehrsverhältnissen entspannt und wir haben dabei schon wieder neue Pläne geschmiedet. Das Einzige, was nicht gelungen ist, die doch so bekannte "Kieler Sprotte" zu finden.
Glück ab und gut Land
Euer Energieballon-Pilot Andreas